Die Bedeutung des Geburtsjahres Jesu für unsere heutige Zeitrechnung

Das Jahr 7 vor unserer Zeitrechnung ist als Jahr der Geburt von Jesus Christus recht gut belegt, sowohl durch die Angaben zur Volkszählung als auch durch die astronomischen Befunde. Die Sternerscheinung diente dazu, dass Jesu Geburt auch den anderen Völkern bekanntgemacht wurde.

Zu bedenken ist, dass das Geburtsjahr von Jesus Christus auch Einfluss hat auf unsere Zeitrechnung.

Der römische Abt Dionysius Exiguus hat nämlich im Jahr 525 unserer Zeitrechnung vorgeschlagen, die bisherige römische Zeitrechnung umzustellen und stattdessen mit dem Geburtsjahr von Jesus Christus beginnen zu lassen. Bei der Kaiserkrönung von Karl im Jahr 800 unserer Zeitrechnung begann die amtliche Verbreitung dieser neuen Zeitrechnung und setzte sich zuerst in Westeuropa und dann in Russland fort und hat heute internationale Gültigkeit.

Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Dionysius_Exiguus

Aus pragmatischen Gründen ist es nicht erwägenswert, deswegen die Zeitrechnung zu ändern.

Hier Weiterlesen: Zur Geburtsgeschichte von Jesus: Das Sternereignis

und Hier: Zur Geburtsgeschichte von Jesus: Die Volkszählung (Zensus)

und Hier: Außerbiblische Nachweise zur Geburtsgeschichte von Jesus Christus

 

Zur Geburtsgeschichte von Jesus: Allgemeine Anmerkungen

Matthäus und Lukas berichten unabhängig voneinander Einzelheiten zur Geburtsgeschichte von Jesus Christus. Sie stellen sie in einen historischen Rahmen.

Im Lukas-Evangelium, 2. Kapitel, steht:

  1. Es geschah aber: In jenen Tagen ging eine Verordnung vom Kaiser Augustus aus, dass sich (in Steuerlisten) einschreiben lasse die ganze bewohnte (Erde).
  2. Dies war (die) erste Einschreibung, als Quirinius Statthalter von Syrien war.
  3. Und es gingen alle, sich eintragen zu lassen, jeder in seine Stadt.

(Aus der Interlinearübersetzung Griechisch-Deutsch von Ernst Dietzfelbinger, 1994, Hänssler-Verlag)

Demnach erfolgten nach Lukas zur Zeit der Geburt von Jesus eine reichsweite Einschreibung (der römischen Staatsbürger) und gleichzeitig eine erstmalige Einschreibung der nicht-römischen Einwohner zur Erfassung ihres Vermögens im jüdischen Land (Provinzial-Zensus). Beides veranlasste der römischen Kaiser Augustus in der Zeit, als Quirinius Statthalter von Syrien war und Herodes König.

Nach Matthäus (2. Kapitel) kamen Sterndeuter aus dem Osten. Sie zogen wegen einer astronomischen Besonderheit auf der Suche nach dem neugeborenen König nach Jerusalem und wandten sich dort an Herodes. Das Sternenereignis fand also zu Lebzeiten des Königs Herodes statt. Er starb im Jahr 4 vor Chr. (manche datieren das Todesjahr auf 1 vor Chr.).

 

Kritiker wenden ein, dass der Historiker Flavius Josephus nur von einem Provinzial-Zensus berichtet. Dieser fand nach der Absetzung des jüdischen Herrschers Archelaus (Regent über einen Teil des Herodes-Reiches) unter dem Statthalter Quirinius im Jahr 6 nach Chr. statt (Lit.: Josephus, Jüdische Altertümer, XVIII, 1). Es wird behauptet, dass Quirinius im Jahr 8/7 vor Chr. nicht syrischer Statthalter gewesen sei.

Das Sternereignis wird von den Kritikern als ein frommes Märchen angesehen. Es lohnt sich, die Texte genauer anzusehen.

 

 

Zur Geburtsgeschichte von Jesus: Das Sternereignis

Der Stern der Weisen

Im Altertum waren Magier gleichzeitig Astronomen und Astrologen. Matthäus berichtet über Magier aus dem Osten, die sich aufgrund einer astronomischen Besonderheit auf die Suche nach dem neugeborenen König machen und nach Jerusalem ziehen.

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In Matthäus 2 steht:

1 Da Jesus geboren war zu Bethlehem in Judäa zur Zeit des Königs Herodes, siehe, da kamen Magier vom Osten nach Jerusalem und sprachen:

2 Wo ist der neugeborene König der Juden? Wir haben seinen Stern aufgehen sehen in dem Aufgang und sind gekommen, ihn anzubeten.

3 Als das der König Herodes hörte, erschrak er und mit ihm ganz Jerusalem,

4 und er ließ zusammenkommen alle Hohenpriester und Schriftgelehrten des Volkes und erforschte von ihnen, wo der Christus geboren werden sollte.

5 Und sie sagten ihm: In Bethlehem in Judäa; denn so steht geschrieben durch den Propheten (Micha 5,1):

6 »Und du, Bethlehem im Lande Juda, bist mitnichten die kleinste unter den Fürsten Judas; denn aus dir wird kommen der Fürst, der mein Volk Israel weiden soll.«

7 Da rief Herodes die Weisen heimlich zu sich und erkundete genau von ihnen, wann der Stern erschienen wäre,

8 Herodes schickte sie nach Bethlehem und sprach: Zieht hin und forscht fleißig nach dem Kindlein; und wenn ihr’s findet, so sagt mir’s wieder, dass auch ich komme und es anbete.

9 Als sie nun den König gehört hatten, zogen sie hin. Und siehe, der Stern, den sie hatten aufgehen sehen, ging vor ihnen her, bis er über dem Ort stand, wo das Kindlein war.

10 Da sie den Stern sahen, wurden sie hocherfreut

11  und gingen in das Haus und fanden  das Kindlein mit Maria, seiner Mutter, und fielen nieder und beteten es an und taten ihre Schätze auf und schenkten ihm Gold, Weihrauch und Myrrhe.

12 Und Gott befahl ihnen im Traum, nicht wieder zu Herodes zurückzukehren; und sie zogen auf einem anderen Weg wieder in ihr Land…

16 Als Herodes nun sah, dass er von den Weisen betrogen war, wurde er sehr zornig und schickte aus und ließ alle Knaben in Bethlehem töten und in der ganzen Gegend, die zweijährig und darunter waren, nach der Zeit, die er von den Weisen genau erkundet hatte.

17 Da wurde erfüllt, was gesagt ist durch den Propheten Jeremia, der da spricht (Jeremia 31,15):

18 »In Rama hat man ein Geschrei gehört, viel Weinen und Wehklagen; Rahel beweinte ihre Kinder und wollte sich nicht trösten lassen, denn es war aus mit ihnen.«

 

 

Lange Zeit herrschte Unklarheit über diesen Text und es gab verschiedene Spekulationen.

Von den vielen Deutungsvorschlägen sind alle zurückzuweisen, die nur zu einer sehr kurzfristig sichtbaren Stern-Erscheinung führen, z. B. Sternschnuppen, Meteoriteneinfälle, Nebensonnen.

Von den längerfristig sichtbaren Erscheinungen kommt nur ein Komet, eine Supernova oder eine bestimmte Planetenkonstellation in Frage. Der Halleysche Komet fällt außer Betracht, weil er 12 vor unserer Zeitrechnung erschien. Über eine Supernova gibt es keine Berichte.

 

Nun zu der Planetenkonstellation.

Wir wissen, dass Planeten die Sonne in unterschiedlichen Abständen, Zeiträumen und Geschwindigkeiten umkreisen. Die Fixsterne bilden Sternbilder. Bedingt durch die Bewegung der Erde um die Sonne werden je nach Jahreszeit andere Sternbilder sichtbar. Für die Zwecke ihrer astronomischen Berechnungen haben die Babylonier die Bahnen der Planeten, den sog. Tierkreis mit 360 Grad (griech. Zodiakos), in 12 x 30 Grad Abschnitte aufgeteilt. Die Abschnitte wurden nach Tierkreiszeichen benannt.

Der Zeitpunkt der Begegnung von Planeten in einem Tierkreis-Sternbild lässt sich berechnen.

Der Astronom Kepler kam im Jahr 1604 als erster auf die Idee, dass beim Stern der Weisen die dreifachen Begegnungen der hellen Planeten Jupiter und Saturn im Tierkreis-Sternbild Fische eine Rolle spielen. Er errechnete als Zeitpunkt dieser Begegnungen das Jahr 7 vor Chr. (Lit. : Kroll S. 64 ff; F. Delitzsch: Wo lag das Paradies?, 1881, S.133 und

http://sternwarte-recklinghausen.de/data/uploads/dateien/pdf/sternvonbethlehem.pdf ).

 

Die babylonischen Astronomen hatten mathematische Methoden, um ziemlich genaue Voraussagen zu bestimmten Planetenerscheinungen über lange Zeiten hinweg zu errechnen.

Eine dreifache Begegnung von Jupiter und Saturn im Sternbild der Fische ereignet sich selten (alle 854 Jahre). Das bewegte babylonische Sternforscher. Sie betrachteten es als ein himmlisches Zeichen und fertigten dafür Berechnungstafeln an.

Auf Keilschrifttafeln der Babylonier befanden sich oft Hinweise, dass im Westen ein großer König kommen wird, der Gerechtigkeit, Friede und Freude in allen Ländern schaffen wird. Das kann durchaus damit zusammenhängen, dass in Babylon zurückgebliebene Juden die Messiaserwartung auch anderen Babyloniern mitteilten (Lit.: Ferrari d’Occhieppo: Der Stern von Bethlehem in astronomischer Sicht: Legende oder Tatsache, Giessen, 1994, S. 52 ff).

Der Orientalist Schnabel übersetzte im Jahr 1925 eine babylonische Schrifttafel (VAT 290+1836), die das Ereignis vom Jahre 7 vor unserer Zeitrechnung voraussagte. Sie befindet sich im Vorderasiatischen Museum Berlin. (Lit.: P. Schnabel, Der jüngste datierbare Keilschrifttext, in Zeitschrift für Assyriologie, Neue Folge, 36, 1925, S. 66 ff; der Text im Internet: http://menadoc.bibliothek.uni-halle.de/dmg/periodical/pageview/113885 und die Abbildung dazu http://www.jenseits-des-horizonts.de/item/069/ ).

Drei weitere Fragmente zu diesem Ereignis befinden sich im Britischen Museum in London (Lit.: Ferrari d’Occhieppo, S. 16). Die vier Teile ergänzen einander weitgehend, so dass daraus die Daten fast aller vorausberechneten Himmelserscheinungen dieses Jahres ersichtlich sind.

Sowohl bei den Römern als auch bei den Babyloniern war Jupiter der Stern des höchsten Gottes und der Königstern. Wegen seiner Helligkeit war er bei den Babyloniern der Stern schlechthin. Saturn war der Stern, dem von den Babyloniern das Land amurru (Syrien mit Palästina) zugewiesen wurde (Kroll, S. 67 und Ferrari d’Occhieppo, S. 50).

Die dreifache Begegnung von Jupiter und Saturn im Tierkreis-Sternbild Fische war dann offensichtlich der Anlass der Reise der Magier nach Jerusalem, wo sie den König Herodes aufsuchten. Bezeichnend für ihre Erwartungshaltung war, dass sie wertvolle Geschenke mitnahmen.

Die Angaben bei Matthäus (Kapitel 2) enthalten astronomische Ausdrücke und lassen vermuten, dass Matthäus sich auf den Bericht eines Magiers, der Christ geworden war, stützte.

Bei der Ankunft der Magier, die aus dem Osten kamen, erfuhr Herodes, dass sie den neugeborenen König der Juden suchten, weil sie seinen Stern haben aufgehen sehen. Herodes war erschrocken. Werden seine Herrschaftspläne-Pläne damit durchkreuzt?

Herodes befürchtete zeitlebens Verschwörungen gegen ihn. Er hatte mit verschiedenen Frauen Kinder gezeugt. Einige wurden hingerichtet und er musste dazu jeweils die Genehmigung des römischen Kaisers einholen.

Er ließ seine Theologen zusammenkommen und fragte sie, wo der Messias geboren werden soll. Sie antworteten, dass der Ort Bethlehem in Judäa ist. Er zog sich mit den Magiern zurück und fragte sie nach dem (ersten) Erscheinen des Sterns (im Frühaufgang). Er wollte nämlich das Alter des Kindes schätzen (nach damaliger Auffassung ging bei der Geburt eines Menschen sein Stern auf. Siehe Kroll S. 66). Die Magier gaben ihm vermutlich den Märztermin, den Zeitpunkt der ersten Begegnung von Jupiter und Saturn beim Frühaufgang im Sternbild der Fische. Daraufhin hat er dann später in der Region von Bethlehem alle Kinder, die jünger als zwei Jahre waren, töten lassen (für diese Tötung gibt es keine außerbiblischen Nachweise).

Die Magier wanderten nach der Auskunft in Jerusalem weiter in Richtung Bethlehem. Der Jupiter ging scheinbar vor ihnen her und blieb in Bethlehem stehen (das ist ein scheinbarer Stillstand und es passiert bei einer sog. Planetenschleife, siehe http://de.wikipedia.org/wiki/Planetenschleife ).

Die Magier freuten sich sehr, als sie Maria, Joseph und Jesus fanden, denn sie hatten ihr Ziel erreicht. Sie beteten das Kind an und gaben ihm wertvolle Geschenke.

Nach dem Lukas-Bericht waren Hirten durch Engel zum Geburtsort von Jesus hingeführt worden und die Hirten konnten daher die Weisen informiert haben.

 

Zusammenstellung der besonderen Sternenbewegungen im Geburtsjahr von Jesus

Nach Ferrari d’Occhieppo, S. 42 ff

Die vorausberechneten Himmelserscheinungen haben nichts mit Astrologie zu tun. In der Bibel wird der Sternenkult abgelehnt. So hatten z. B. die Israeliten bei ihrem Wüstenzug aus Ägypten den Stern Saturn (aramäisch Kewan) als Gott umhergetragen. Dieses Verhalten entsprach nicht dem Willen  ihres Gottes JHWH. Und es wurde ihnen vom Propheten Amos vorgeworfen (Amos 5, 21 – 26).

Durch dieses astronomische Ereignis haben wir neben der Volkszählung einen weiteren Hinweis auf das Geburtsjahr von Jesus.

Für Christen handelt es sich um ein Zeichen Gottes: Gott will, dass das Weltereignis der Geburt von Jesus nicht nur regional (durch die Engel, die die Hirten in Betlehem informierten) sondern auch überregional (durch die Astronomen aus dem Osten) bekannt wird.

 

 

Dreimalige Begegnung von Planeten im Sternbild Fische (im Jahr 7 vor Chr.)

 

Datum Erscheinung Planet VAT 290 BM 35429 Im Matthäustext
15.3.07 Frühaufgang Jupiter x wir haben seinen Stern im Aufgang gesehen
4.4.07 Frühaufgang Saturn x
20.7.07 östl. Stillstand Jupiter x x
27.7.07 östl. Stillstand Saturn x x
15.9.07 Abendaufgang Jupiter x x
15.9.07 Abendaufgang Saturn x
12.11.07 westl. Stillstand Jupiter x der Stern, den sie im Aufgang gesehen hatten, ging vor ihnen her, bis er an dem Ort stand, wo das Kind war
13.11.07 westl. Stillstand Saturn x
 

 

Erläuterungen zur Tabelle:

 

VAT 290: Tontafel im Vorderasiatischen Museum Berlin
BM 35429: Tontafel im Britischen Museum London
Lit.: Ferrari d’Ochieppo: Der Stern von Bethlehem in astronomischer Sicht,  Giessen, 1994, Seiten 16 und 42, dazu P. Schnabel (s.o., S.68)
Planetenbewegungen
Wenn sich die Erde zwischen einem äußeren Planeten und der Sonne befindet (in „Opposition“), dann überholt die schnellere Erde auf ihrer Bahn den Planeten. Der irdische Beobachter meint, dass der Planet im Tierkreis der Fixsterne zurückläuft.
Wenn sich nach einigen Monaten die Erde wieder auf den Planeten im Tierkreis zu bewegt, scheint der Planet eine Zeitlang vorwärts zu gehen, dann stillzustehen und danach zurückzulaufen bis zum nächsten Stillstand. Dieser Vorgang wird Planetenschleife genannt.
Im Internet: https://de.wikipedia.org/wiki/Planetenschleife
Aufgang des Sternes
Der Zeitpunkt, zu dem der Stern erstmals am Himmel erscheint, heißt der Aufgang des Sternes. Der Aufgang kann abends erfolgen oder morgens.

 

 

Zur Geburtsgeschichte von Jesus: Die Volkszählung (Zensus)

Der Zensus

Ein Provinzial-Zensus wird im Geburtsjahr von Jesus (7 vor Chr.) stattgefunden haben:

Herodes war in dieser Zeit schon betagt (über 66 Jahre alt) und der römische Kaiser Augustus musste sich über die Zeit nach dem Tod des Herodes Gedanken machen. Um 8 v. Chr. fiel Herodes beim Kaiser in Ungnade. Er hatte einen kleinen Blitzfeldzug gegen die Araber (Nabatäer) unternommen, ohne Augustus um Erlaubnis zu bitten. Darauf wurde der Kaiser sehr böse und schrieb Herodes einen Brief, in dem es hieß: „Habe er ihn bisher als Freund betrachtet, so werde er ihn künftig als bloßen Untertan behandeln.“ (Josephus Altertümer XVI, 9,3). Kurz darauf, mussten die Untertanen des Herodes nicht nur ihm sondern auch dem Kaiser den Treueid schwören (Josephus Altertümer XVII, 2,4).

Dann, nach dem Tod von Herodes, wurde eine jüdische Gesandtschaft zum Kaiser Augustus nach Rom geschickt. Dort wurde ihnen gesagt, dass  das Reich des Herodes aufgeteilt werden soll. Die zukünftigen Herrscher über einzelne Gebiete (Ethnarchen) wurden über die Höhe der jährlichen Abgaben an den Kaiser informiert (Lit.: Josephus Altertümer, XVII, 11, 4).

Das geht eigentlich nur nach einer vorherigen Volkszählung und Vermögenserfassung als Grundlage für die amtliche Steuerveranlagung.

 

Auch im Jahr 6 nach Chr., nachdem Archelaus, der Herrscher von Judäa, vom römischen Kaiser abgesetzt worden war, fand eine Schätzung des Vermögens verbunden mit einer Volkszählung statt Die Durchführung wurde Quirinius übertragen (Lit.: Josephus Altertümer, XVIII, 1, 1).

Der Arzt Lukas, der schon etwa ab 50 nach Chr. Paulus auf seiner Missionsreise begleitete, hat sein Evangelium und die Apostelgeschichte aufgrund von Augenzeugenberichten verfasst (Lukas Kapitel 1, 1- 4).

Das heißt: Der Bericht über die Einschreibung, die Anlass der Reise von Maria und Joseph nach Bethlehem war, kann nicht einfach erfunden worden sein. Nach Lukas war es der erste Provinzial-Zensus. Er kannte also auch den Provinzial-Zensus aus dem Jahr 6 nach Chr.  Lukas lebte eindeutig zeitlich näher am Geschehen als Josephus.

Und Josephus, der im Jahre 37 oder 38 nach Chr. geboren war (http://de.wikipedia.org/wiki/Flavius_Josephus), ist nicht besonders zuverlässig. Er hat nicht einmal den reichsweiten Zensus aller römischen Staatsbürger des Jahres 8 vor Chr. erwähnt.

Der Reichszensus unter Kaiser Augustus, bei dem die Zahl der römischen Bürger im Reich erfasst worden war, fand im Jahr 8 vor unserer Zeitrechnung statt. Die nächste Zählung erfolgte erst 14 nach Beginn unserer Zeitrechnung. Diese Angabe stammt aus dem Tatenbericht des Kaisers.

Tatenbericht des Augustus in Ankara © Erhard Bisanz

Hier ein Foto des Tatenberichts im Augustustempel in Ankara (er beginnt mit dem Satz: „Rerum gestarum divi Augusti.“ Das heißt übersetzt: „Die Taten des vergöttlichten Augustus“ (Lit.: Augustus, Res gestae / Tatenbericht, Monumentum Ancyranum, Hrsg. Marion Giebel, 1986, Philipp Reclam jun., Stuttgart)

Auszug aus dem Augustus-Bericht:

„Dann habe ich kraft meiner konsularischen Amtsgewalt wiederum eine Schätzung veranstaltet, und zwar ohne Kollegen im Amtsjahr der Konsuln Gaius Censorinus und Gaius Asinus (8 vor Chr.).  Dabei wurden 4 233 000 römische Bürger gezählt.“

Auf Lateinisch: „Tum iterum consulari cum imperio lustrum solus feci c.censorino et c. asinio  cos, quo lustro censa. Sunt civium quadragiens centum millia et ducenta triginta tria millia.“  (Im Internet: http://de.wikipedia.org/wiki/Res_gestae_divi_Augusti )

Zur Schätzung ihres Landbesitzes mussten sich in den römischen Provinzen alle Landbewohner in ihren Heimatort begeben und sich dort in Steuerlisten einschreiben lassen. Das geht u. a. auch aus einem ägyptischen Papyrustext (im Jahr 104 nach Chr., in griechischer Sprache) hervor, nämlich Papyrus Lond. III, 904.  (Lit.: Kenyon & Bell, Greek Papyri in the British Museum, III, London, 1907, n. 904), zu finden im Internet unter https://droitromain.univ-grenoble-alpes.fr/Edicta/Aegypti29_.gr.html

Eine Abbildung  dieses Papyrus befindet sich bei Gerhard Kroll: Auf den Spuren Jesu, Benno-Verlag Leipzig, 10. Auflage 1988, S. 14.

 

Die Ehemänner waren zuständig, auch für den Besitz ihrer Frauen zu unterschrieben. Das findet man z.B. bei der griechischen Steuererklärung von Babatha, einer jüdischen Frau im Jahr 127 nach Chr. (Lit: Yigael Yadin:  The documents from the Bar Kokhba Period in the Cave Letters, Jerusalem, 1989, S. 65, und im Internet

http://www.pbs.org/wgbh/nova/ancient/read-an-ancient-jewish-scroll.html ).

Ob Qurinius oder eine andere Person als Statthalter die Volkszählung durchführen ließ, ist umstritten. Doch das Ergebnis kann die Zuverlässigkeit von Lukas nicht beeinträchtigen.

 

Argumente für die Volkszählung unter Quirinius

Im Jahr 12 vor Chr. war Quirinius römischer Senator und im Jahr 1 v. Chr. war er Betreuer für den Kaiserenkel Gaius Caesar, um mit ihm die östlichen Provinzen des Reiches zu bereisen. Der Enkel sollte dort Erfahrungen in Regierungsdingen sammeln.

Zwischen den beiden Zeitpunkten befehligte Qurinius römische Legionen im Kampf gegen  räuberische Homonadenser in Cilicien (heute südliche Türkei). Wir kennen nur nicht den genauen Zeitraum dieses Feldzuges (Lit.: Tacitus: Annalen, Buch 3, 48).

 

Es gibt einige Hinweise auf den Einsatz von Quirinius. Man fand Meilensteine der Via Sebaste. aus dem  Jahr 6 v. Chr.  Diese Straße führt zum Krisengebiet und wird für die militärische Nutzung von Bedeutung gewesen sein. Siehe auch: Hardin, Galatians and the Imperial Cult, Mohr Siebeck, 2008, S. 54;

https://books.google.de/books?id=IMrJ5TX3_VMC&dq=Hardin,+Galatians+and+the+Imperial+Cult&hl=de&sa=X&ved=0ahUKEwj4sevl28zUAhULbRQKHY0lCNEQ6A  

 

und ein Foto zur  Via Sebaste

und ein pdf zu den Meilensteinen 

 

Nach dem Text einer Grabplatte, die in Venedig gefunden wurde, war Quirinius nach Ende seiner Zeit als Senator römischer kaiserlicher Legat von Syrien. Er hat eine Volkszählung in der Stadt Apamea durchführen und die Ituräer (Gebiet heute im Libanon) bekämpfen lassen (Lit.: Kroll S. 19; Ituräa ist zu finden unter http://de.wikipedia.org/wiki/Datei:Itur%C3%A4a.jpg ).   Das kann mit dem Aufenthalt von Herodes in Rom (um 12 vor Chr.) zusammenhängen. Damals gab es  nach Josephus Aufstände über Judäa hinaus in Syrien. (Josephus, Altertümer, XVI, 9,1).

Der Befehlshaber römischer Truppen in einer Provinz war in der Zeit kriegerischer Auseinandersetzungen, z. B. während der Bekämpfung von Aufständen, Vorgesetzter auch für die römische Zivilverwaltung (z. B. Quirinius  während des Krieges gegen die Homonadenser oder gegen die Ituräer).

Weitere Argumente sind im Internet zu finden unter:

http://jesus-der-christus.info/histnt.htm#2.5.4.1 ; und  http://de.wikipedia.org/wiki/Publius_Sulpicius_Quirinius

Argumente gegen die Volkszählung unter Quirinius (darunter auch Abbildungen) sind zu finden unter: http://infidels.org/library/modern/richard_carrier/quirinius.html#Antioch

 

Die Politarchen der Stadtbehörde von Thessalonich

Lukas berichtet in der Apostelgeschichte über einen Vorfall in Thessaloniki:  „Und sie zogen vor das Haus Jasons und suchten sie vor die Volksmenge zu bringen. Als sie sie aber nicht fanden, schleiften sie Jason und einige Brüder zu den Obersten der Stadt und schrien: Die die ganze Welt in Aufruhr brachten, sind jetzt auch hier, “ (Kapitel 17, Verse 5 und 6).

Lukas hat für die Obersten der Stadt das griechische Wort „Politarchen“ verwendet.  Dieses Wort ist in der klassischen griechischen Literatur nicht zu finden und die Richtigkeit wurde angezweifelt. Doch inzwischen gibt es viele Belege für den Begriff, allein 19 aus Thessaloniki.

Lit.: John McRay: Archaeologie and the New Testament, Baker Book House, 1991, S. 294 und 295;  F.F.Bruce, Archaeological Confirmation of the New Testament, in: Carl F.H.Henry (Hg), Revelation and the Bible, Grand Rapids, Baker Book House, S.325.

Publius der Erste

Lukas schrieb in der Apostelgschichte über seinen Aufenthalt in Malta:  „In der Umgebung jenes Ortes aber gehörten Landgüter dem Ersten der Insel namens Publius, der uns aufnahm und uns freundlich bewirtete.“ (Kapitel 28, Vers 7).  Der Titel  „Erster der Insel“ für den obersten Beamten wurde angezweifelt.

Man hat griechische und lateinische Inschriften auf Steinen gefunden, die zeigen, dass der Titel stimmt.

Als Beispiel eine Inschrift aus Malta in Bökh, August: Corpus Inscriptionum Graecarum, Nummer 5754, Berlin. Sie lautet:

.Λ . ΚΛ. ΥΙΟΣ . ΚΥΡ. ΠΡΟΥΔΗΝΣ .ΙΠΠΕΥΣ . ΡΩΜΑΙΩΝ . ΠΡΩΤΟΣ . ΜEΛΙΤAIΩΝ

KAIΠATPΣN. ΛΡΞΛΣ . ΚΑΙ. ΑΜΦΙΠΟΛΕΥΣΑΣ . ΘΕΩ . ΛΥΓΟΥΣΤΩ … ΕΣY. N…E. INE

Die von Bökh ergänzte Fassung:

 

Hier der Text mit einer Übersetzung von Imanuel Pavlidis:

 Ο Λούκιος, γιος του Κλαυδίου, (από τη ρωμαϊκή φυλή της) Κυρείνας, (επονομαζόμενος) Προύδηνς (Φρόνιμος),

Loukios, Sohn des Claudius, vom römischen Geschlecht der Kyreina, mit dem Beinamen Prudenz (weise/ besonnen),

(ο οποίος ανήκει στην) ρωμαϊκή (κοινωνική τάξη των) ιππέων, πρώτος των πολιτών της Μελιτηνής (Μάλτας)

welcher der römischen Gesellschaftsklasse der Reiter angehört, Erster der Bürger Maltas

 

και πάτρωνας (αφέντης/κύριος), ως άρχοντας το αμφιπολεύσας (δεν το ξέρω έστησε το προκείμενο μνημείο για τον) θεό Αύγουστο.

und Patron (Herr), und als Priester errichte ich (das vorliegende Monument) für Gott Augustus.

Lit.: F.F.Bruce, Archaeological Confirmation of the New Testament, in: Carl F.H.Henry (Hg), Revelation and the Bible, Grand Rapids, Baker Book House, S. 325, 1976;   Bökh, August: Corpus Inscriptionum Graecarum, Nummer 5754, Berlin, 1877.

 

Stadtkämmerer Erastus 

Paulus schrieb aus Korinth in seinem Brief an die römische Gemeinde:  „Es lässt euch grüßen Gajus, mein und der ganzen Gemeinde Gastgeber. Es lässt euch grüßen Erastus, der Stadtkämmerer, und Quartus, der Bruder.“  (Römer, Kap. 16, Vers 23).

Bei Ausgrabungen im Jahr 1929 in Korinth fand man auf einem Pflasterstein die Inschrift: ERASTVS-PRO-AE DILITIaI] E ]P-STRAVIT.   Ohne Abkürzungen: Erastus pro aedilitate sua pecunia stravit (»Erastus, Prokurator und Aedile, legte dieses Pflaster auf eigene Kosten«).

Der lateinische Name Erastus wurde in Korinth nur in dieser Inschrift gefunden. Der Begriff Aedile (griech. oikonomos) bezeichnet die Aufgabe des Schatzmeisters der Stadt.  Der Pflasterstein stammt wahrscheinlich aus der Zeit um 50 nach Chr.

Lit.: John McRay: Archaeologie and the New Testament, Baker Book House, 1991, S. 331;  F.F.Bruce, Das Neue Testament: glaubwürdig, wahr, verlässlich, Lahr: Verlag der Liebenzeller Mission, 1997, S.102.

→Weiterführendes (s. dort S.4)

 

Die Gallio-Inschrift in Delphi

Lange Zeit wusste man nicht, wann Paulus in Korinth wirkte. In der Apostelgeschichte Kapitel 18, Verse 12 ff  wird berichtet, dass sich Juden in Korinth gegen Paulus wendeten und ihn vor den Richterstuhl von Gallio, dem Statthalter von Achaia (Achäa) brachten.

In den Jahren um 1910 wurden Fragmente eines Steins mit einer Inschrift bekannt, in welcher der Name Gallio als Prokonsul von Achäa erwähnt wurde. Die Inschrift enthielt auch Zeitangaben, sodass man den Aufenthalt von Paulus in Korinth datieren konnte. Das dient auch als wichtiges Datum für die Rekonstruktion des Lebens und Wirkens eines Paulus, aber auch für die gesamte Chronologie des Neuen Testaments.

Die Fragmente befinden sich jetzt in Delphi. Die Inschrift ist die Kopie eines Briefes vom römischen Kaiser Claudius an die Stadt Delphi. In dem Brief wird Gallio als ein Freund des Kaisers und als Prokonsul von Achäa bezeichnet. Es war üblich, dass ein Provinzstatthalter (Prokonsul) ein Jahr oder seltener, 2 Jahre im Amt blieb.

Der Brief wurde in der Zeit der 26. Ausrufung von Claudius als Imperator (Kaiser) geschrieben. Das muss zwischen dem 25. Januar und 1. August 52 nach Chr. erfolgt sein.

Lit.: C.K. Barrett: Die Umwelt de Neuen Testaments, 1959, J.C.B. Mohr (Paul Siebeck) Tübingen, S. 58;  Adolf Deissmann: Paulus, 1925; J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), Tübingen, S. 203.

→Weiterführendes zum Thema

Korrektur dazu: Der aktuelle Aufbewahrungsort ist Delphi

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