Bethlehem

Bethlehem

Der Ort liegt ca. 8 km südlich von Jerusalem. Hier wurden David und Jesus geboren (Lit.: 1. Samuel Kapitel 16, Vers 1 und Lukas Kapitel 2, Verse 4 ff). Für die Geburtsgrotte von Jesus Christus gab es das Zeugnis seiner nächsten Blutsverwandten (die Mutter Maria und der Bruder Jakobus),  Bethlehem war ja nicht weit weg von Jerusalem.  Unter Kaiser Hadrian wurde über dieser Stelle ein kultischer Hain zu Ehren des ägyptischen Gottes Adonis angelegt. Damit sollte das Gedenken an Jesus ausgelöscht werden.

Die Ortsbewohner pflegten jedoch die Erinnerung und Kaiser Konstantin hatte daher einen guten Grund, dort den Bau der Geburtskirche im Jahr 325 nach Chr. anzuordnen (nach Bargil Pixner: Wege des Messias und Stätten der Urkirche, Gießen, 1996, S. 31 und 32).

Vor Betlehem (sog. Hirtenfelder) © Erhard Bisanz
Schmaler Eingang zur Geburskirche © Erhard Bisanz
Konstantinisches Mosaik in der Geburtskirche © Erhard Bisanz
Ort der Geburt Christi © Erhard Bisanz

 

Urgeschichte: Schöpfung und wissenschaftliches Weltbild – Allgemein

Der Schöpfungsbericht und sein Umfeld

In der Bibel gibt es im 1. Buch Mose einen Bericht über die Schöpfung der Welt. Dafür haben wir keine archäologischen Nachweise.

In der Menschheitsgeschichte wurde schon immer über Ursprung und Ziel der Welt nachgedacht. Mythen darüber mit Göttern, Magie und Geisterglauben waren z. B. bei den Ägyptern, Babyloniern, Römern, Griechen und Germanen verbreitet.

Der Schöpfungsbericht und die Ratio

Die Weltbilder änderten sich im Lauf der Zeit. So kam anfangs im Altertum bei den Griechen und am Ende des Mittelalters u. a. durch Kopernikus und Kepler die Idee der „Aufklärung“ mit den Begriffen Verstand und Vernunft zum Zuge. Danach ist die Natur Gesetzmäßigkeiten unterworfen, die man mit unseren Sinnesorganen wissenschaftlich erfassen kann.

Die Frage bleibt, wie weit unser Weltbild das wirkliche Aussehen des Universums wiedergibt.

Der Schöpfungsbericht und das moderne Weltbild

Newton entwickelte das Weltbild der Mechanik, das durch das heutige Weltbild mit Einsteins Relativitätstheorie und Plancks Quantenmechanik weiterentwickelt wurde. Jedoch werden viele alltägliche Phänomene weiterhin durch die klassische Mechanik ausreichend genau beschrieben. Das gilt dann, wenn die Geschwindigkeit der Relativbewegung zweier Objekte im Verhältnis zur Lichtgeschwindigkeit klein ist. Im gegenwärtigen Weltbild spielen der Urknall, die Expansion des Universums, in der Biologie die Entstehung des Lebens und die Evolution eine große Rolle.

(Lit.: Joel Walton, Eve Adamson: Der Ursprung des Universums für Dummies, 2009, Wiley-VCH Verlag, Weinheim; J. Tomiska: Physik, Gott und Materie, 2010, Ueberreuter Verlag, Wien.)

Jerusalem

Jerusalem

Das Wort „Urusalim“ in →Keilschrift

Jerusalem wurde bereits in altägyptischen Dokumenten erwähnt. Der ägyptische Stadtfürst Abdi-Hepa schrieb aus Jerusalem an den Pharao (ca. 1350 vor Chr.) von Schwierigkeiten mit den Hapiru-Leuten (Lit.: TUAT I, S. 515; Otto Schroeder: Vorderasiatische Schriftdenkmäler der Königlichen Museen zu Berlin, Heft 11, 1915; J. A. Knudtzon: Die El-Amarna-Tafeln, 1. Teil, Leipzig, 1915, S. 872 ff ). Jerusalem wurde durch König David erobert und zur Hauptstadt gemacht. Dafür gibt es allerdings keine außerbiblischen Nachweise. Später wurde z. B. die Belagerung Jerusalems durch Sanherib 701 vor Chr. auf einem Prisma angeführt.

Angaben erwähnt von Zeit Dokument Fundort Aufbewahrungsort Entdeckungs-zeit
Jerusalem Abdi-Hepa ca. 1350 v. Chr. Tell el-Amarna-Briefe

EA 289 / VAT 1645

Tell el-Amarna Berlin (Vorder-asiatisches Museum) 1887
Belagerung Jerusalems Sanherib 701 vor Chr. Prismen von Sanherib (Assyrien) Ninive British Museum

(Taylor-Prisma)

 

Auszug aus ägyptischen Dokumenten:
El-Amarna-Brief EA 289 von Abdi-Hepa aus Jerusalem an den Pharao
Zeile 1) Zum König, meinem Herrn (sprich)! 2) Folgendermaßen Abdi-Hepa, Dein Diener:…

11) Siehe, Milki-Lim und Tagi sind es, 12) die diese Taten vollbracht haben. 13) Nachdem er den Ort Rubuda an sich gerissen hat, 14) ist es jetzt Jerusalem („Urusalim“)…22) Labaja 24) wird auch das Land Schakmi 24) den Hapiru-Leuten ausliefern… 29) Sollten wir denn Jerusalem verlassen?

Quelle: TUAT I, S. 515

Für Interessenten:

Hier finden Sie die → El-Amarna-Briefe

Hier eine Darstellung der → Keilschrift-Zeichen

Auszug aus der Luther-Bibel:
1. Chronik 11,1 Und ganz Israel sammelte sich bei David in Hebron und sprach: Siehe, wir sind dein Gebein und dein Fleisch. 11,2 Schon damals, als Saul König war, führtest du Israel aus und ein. Und der HERR, dein Gott, hat zu dir geredet: Du sollst mein Volk Israel weiden, und du sollst Fürst sein über mein Volk Israel. 11,3 Und alle Ältesten Israels kamen zum König nach Hebron. Und David schloss einen Bund mit ihnen in Hebron vor dem HERRN. Und sie salbten David zum König über Israel nach dem Wort des HERRN durch Samuel.

11,4 Und David und ganz Israel zogen hin nach Jerusalem, das ist Jebus; denn die Jebusiter wohnten dort im Lande. 11,5 Und die Bürger von Jebus sprachen zu David: Du wirst nicht hereinkommen. David aber eroberte die Burg Zion, das ist Davids Stadt. 11,6 Und David sprach: Wer die Jebusiter zuerst schlägt, der soll Hauptmann und Oberster sein. Da stieg Joab, der Sohn der Zeruja, zuerst hinauf und wurde Hauptmann. 11,7 David aber wohnte auf der Burg, daher nennt man sie «Stadt Davids». 11,8 Und er baute die Stadt ringsum, vom Millo an rundumher. Joab aber stellte die übrige Stadt wieder her. 11,9 Und David nahm immer mehr zu an Macht, und der HERR Zebaoth war mit ihm.

Exil in Babylon

Im Jahr 598 vor Chr. wurde Jerusalem zum ersten Mal von babylonischen Truppen Nebukadnezars belagert. Der damals noch junge König Jojachin übergab die Stadt an Nebukadnezar II. Nebukadnezar II nahm ihn und Leute der Oberschicht gefangen und brachte sie und Schätze des Königs und des Tempels mit nach Babylon. Nebukadnezar II hatte Zedekia als Nachfolger von Jojachin als König eingesetzt.

Die Informationen der babylonischen Chronik sind 594 vor Chr. abgebrochen. Doch im Alten Testament wird über die Ereignisse berichtet. In Jeremia 39 steht, dass Jerusalem durch Babylonier 587 vor Chr. erneut längere Zeit belagert wurde. Nach der Eroberung wurde der jüdische König Zedekia verhaftet und seine Augen ausgestochen. Die Stadt Jerusalem wurde samt dem Tempel total zerstört. Der babylonische König Nebukadnezar II hatte einen größeren Teil der Bevölkerung, vor allem der Oberschicht, in die Stadt Babylon umgesiedelt.

Für die Zerstörung gibt es als Nachweis archäologische Funde:

Lit.:  P. G. van der Veen, „Sixth-Century Issues: The Fall of Jerusalem, the Exile, and the Return”, in Bill T. Arnold & Richard S. Hess (Hg.), Ancient Israel’s History: An Introduction to Issues and Sources, Baker Academic, Grand Rapids MI, 2014, 383–405, especially pages 391-393.   In neuerer Zeit wurden auch Funde gemacht durch die University of North-Carolina:  https://de.catholicnewsagency.com/story/archaologen-entdecken-neue-beweise-fur-ein-ereignis-das-in-der-bibel-erzahlt-wird-4984

Das Exil in Babylon endete 539 vor Chr., nachdem der Perserkönig Kyros das babylonische Reich erobert hat.

 

 

Personen, Bauten  erwähnt von Dokumente Fundort Aufbewahrungsort Entdeckungszeit Literatur
König Jojachin (Juda)

598 v. Chr.

Babylonische Historiker Babylonische Chroniken

550 – 400   v. Chr.

Babylon

 

 

British Museum London (Nr. 21946)

 

1.

 

 

Nebukadnezar II (Babylonien)

605 – 562 v. Chr.

Babylon-Tafel

Ca. 592 v. Chr.

Babylon Berlin, Vorder-

asiatisches Museum

VAT 16378

(Nr. 28186)

1939 2.
Ischtar-Tor Gebaut unter Nebukadnezar II (Babylonien) Ischtar-Tor Babylon Berlin, Vorder-

asiatisches Museum

 

3.
Jehojachel (Minister des Königs Zedekiah von Juda) Siegel oder

Original

Ca. 580 v. Chr.

Jerusalem (Davidsstadt) Jerusalem 2005 4.
Nebo-Sarsekim

(Chef-Beamter von Nebukadnezar II von Babylonien)

 

Tontafel

Ca. 595 v. Chr.

Tempel in Sippar (bei Bagdad) British Museum London Etwa 1870

(Entzifferung 2007 durch den Wiener Professor Michael Jursa)

5.

 

  1. Texte aus der Umwelt des Alten Testaments (TUAT), Band I, Gütersloh, 1982 -1985, S. 401 ff; H.H. Ben-Sasson: Geschichte des jüdischen Volkes, München 1978, Bd. 1, S. 191 ff, James B. Pritchard: Ancient Near Eastern Texts, Third Edition, Princeton – New Jersey, 1969, S. 564 (Landesbibliothek Württemberg Lesesaal Bd 520); Kurt Galling: Textbuch zur Geschichte Israels, Tübingen,1979, S. 74
  2. James B. Pritchard: Ancient Near Eastern Texts (s.o.) S. 308; Kurt Galling (s.o.), S. 78; Clyde E. Fant, Mitchell G. Reddish: Lost Treasures of the Bible, Grand Rapids, Wm. B. Eerdmans Publishing, 2008, S. 217
  3. ideaSpectrum 31/32 2007, Seite 14

 

Babylonische Chroniken; Babylon-Tafel von Nebukadnezar II

Siegel-Text Jehojachel

Tontafeltext Nebo-Sarsekim

Nach dem Exil

Dokumente für die Zeit nach dem Exil

 

 

 

 

 

Angaben erwähnt von Zeit Dokument Fundort Aufbewahrungsort Entdeckungs-zeit Literatur
Kyrus-Edikt Kyrus 559 – 530 v. Chr. Kyrus-Zylinder Babylon British Museum 1. und 2.
Bibeltexte 1. und 2. Jh. vor Chr. Jesaja-Schriftrolle Qumran Jerusalem (Schrein des Buches) 1947 – 1956

 

Kyrus-Zylinder

 

Auszug aus persischen Dokumenten Auszug aus der Luther-Bibel
Auszug aus dem Kyrus-Zylinder:

  1. Die Stadt Babel und alle ihre Kultstätten hütete ich in Wohlergehen. Die Einwohner von Babel, [welche] wider den Willen [der Götter] ein ihnen nicht ziemendes Joch [. . .],
  2. ließ ich in ihrer Erschöpfung zur Ruhe kommen, ihre Fron ließ ich lösen. Über meine [guten] Taten freute sich Marduk, der große Herr.
  3. Mich, Kyros; den König, der ihn verehrt, und Kambyses, meinen leiblichen Sohn, sowie alle meine Truppen
  4.  segnete er gnädig

30. …Von Ninive, Assur und Susa ,

31. Akkad, Eschnunnak, Zamban, Meturnu und Der bis zum Gebiet von Gutium, die Städte jenseits des Tigris, deren Wohnsitz von alters her verfallen war –

32. die dort wohnenden Götter brachte ich an ihren Ort zurück und ließ sie eine ewige Wohnung beziehen. Alle ihre Leute versammelte ich und brachte sie zurück zu ihren Wohnorten.

 

Abbildung

 

Quelle: TUAT Band I Lieferung 4, historisch–chronologische Texte, Hrsg. Otto Kaiser, Gütersloh Verlag Mohn, 1984, S. 407 ff

Esra: 1,2 So spricht Kyrus, der König von Persien: Der HERR, der Gott des Himmels, hat mir alle Königreiche der Erde gegeben, und er hat mir befohlen, ihm ein Haus zu Jerusalem in Juda zu bauen.

1,3 Wer nun unter euch von seinem Volk ist, mit dem sei sein Gott, und er ziehe hinauf nach Jerusalem in Juda und baue das Haus des HERRN, des Gottes Israels; das ist der Gott, der zu Jerusalem ist.

(Artefakt des 2. Tempels in Jerusalem)

1,4 Und wo auch immer einer übriggeblieben ist, dem sollen die Leute des Orts, an dem er als Fremdling gelebt hat, helfen mit Silber und Gold, Gut und Vieh außer dem, was sie aus freiem Willen für das Haus Gottes zu Jerusalem geben.

Literatur:

  1. TUAT Band I Lieferung 4, historisch–chronologische Texte, Hrsg. Otto Kaiser, Gütersloh Verlag Mohn, 1984, S. 407
  2. James B. Pritchard: Ancient       Near Eastern Texts, Third Edition, Princeton – New Jersey, 1969, S. 316 (übersetzt ins Deutsche)
  3. Ein archäologischer Münzfund belegt die Existenz des zweiten Tempels.
  4. Aktuell (2019) kommen Funde im Rahmen der Auswertung von Bauschutt des Tempelberges (Tempelberg-Siebungsprojekt) hinzu: U. a. Ein Siegelabdruck der Priesterfamilie Immer.

Zum Kanon des Alten Testaments

Als Jesus Christus in Israel lebte, gab es nur die Schriften des heutigen Alten Testaments. Er hat aus ihnen viel zitiert.

Diese jüdische Bibel entstand in der Zeit, als sich der israelische Staat bildete.

Ursprüngliche Bestandteile sind mündlich überlieferte Erzählungen, die von Priestern oder Propheten theologisch konzipiert und interpretiert worden sind.

Zu den ältesten schriftlichen Urkunden der Bibel gehören die 10 Gebote, die von Mose dem israelischen Volk übergeben wurden. Es handelt sich um zwei Steintafeln, die in einer hölzernen sog. Bundeslade transportiert wurden (5. Mose 10, 1 – 5). Salomo ließ sie in den neugebauten Tempel überführen (1. Könige 1 – 8). Mit der Zerstörung des Tempels durch die Babylonier 586 v. Chr. sind auch die Tafeln vernichtet worden.

Der Gott Jahwe wurde bereits 850 v. Chr. in archäologischen Funden erwähnt (vgl.: Mes[ch]a-Stele ). Das älteste Bibelzitat ist aus der Zeit 700 – 600 vor Chr. erhalten (siehe: Silber-Amulette)

Schon lange vor Christus gab es unter den Israeliten Bücher der Bibel, die allgemein anerkannt waren.

Die Schriften des Gesetzes von Mose wurden 622 v. Chr. vom Hohenpriester Hilkija im Tempel gefunden und dem König Josia überreicht (2. Könige 22, 8 – 20).

Vom Propheten Jeremia ist ein Amtssiegel des Schreibers Baruch von ca. 600 vor Chr. erhalten (siehe: Amtssiegel).

Der Jude Nehemia wurde vom Perserkönig Artaxerxes I (464 – 424 v. Chr.) als Statthalter in Judäa eingesetzt. Er ließ den Priester Esra das Gesetz von Mose vor dem versammelten Volk vorlesen (Nehemia 8, 1 – 12).

Nach Josephus wurden 22 Bücher in der Zeit des persischen Königs Artaxerxes als kanonisch angesehen, von Mose bis zum Propheten Maleachi (Lit. Flavius Josephus: Über die Ursprünglichkeit des Judentums (Contra Apionem), Hrsg. Folker Siegert, 2008, Göttingen, S. 104). Josephus meint: Die nach dieser Zeit  entstandenen Bücher wurden nicht mehr anerkannt, weil es keine lückenlos aufeinanderfolgenden Propheten mehr gab. Das letzte Buch des Alten Testaments ist demnach der Prophet Maleachi.

Der Übersetzer des hebräischen Buches Jesus Sirach (Enkel von Sirach) verfasste  etwa 130 vor Chr. die griechische Übersetzung der Vorlage seines Großvaters. Im Vorwort setzt er die jüdische Bibel (das Alte Testament) voraus und spricht von einer Dreiteilung der biblischen Schriften:

  • Gesetz (Thora)
  • Propheten
  • andere Bücher

Hebräische Fragmente des Buches Jesus Sirach wurden in Qumran und in Massada gefunden (geschrieben etwa 50 – 100 v. Chr.)

 (Aus: The Hebrew Text of Sirach: A Text-Critical and Historical Study by Alexander A. di Lella, The Hague: Mouton & Co., 1966).

Hier eine Fundstelle für Schriften aus Qumran, Massada, u. a. Orte am Toten Meer.

Wie schon Jesus Sirach haben die Juden ihre biblischen Schriften in drei Kategorien eingeteilt: Thora („Weisung“), Nevim („Propheten“) und Ketuvim („Schriften“). Die hebräischen Anfangsbuchstaben dieser Teile ergeben mit eingefügten Vokalen das Wort Tanak (oder Tenak), ausgesprochen Tanach (oder Tenach).

Auch Jesus sprach vom Gesetz des Mose, den Propheten und den Psalmen (der Hauptteil der übrigen Schriften), zu finden in Lukas 24, Vers 44.

Wenn man aus den Textfunden in Qumran Schlüsse auf die Zustände in Israel in der Zeit von Mitte des 3. Jahrhunderts bis 68 nach Chr. ziehen will, ergibt sich folgende Situation: Es gab verschiedene leicht unterschiedliche Glaubensrichtungen nebeneinander.

Es gab Abschreiber, die in Textvorlagen Änderungen einfügten, z. B. vereinfachte Lesarten, oder eine eigene Orthographie. Diese Texte werden manchmal als „Vulgärtexte“ bezeichnet.

Daneben gab es Abschreiber, die den Text sorgfältig übernahmen. Das waren vermutlich Texte, die bei öffentlichen Anlässen in der Liturgie Verwendung fanden. Diese werden entsprechend manchmal als „Nicht-Vulgärtexte“ bezeichnet (Lit: Emanuel Tov: Der Text der hebräischen Bibel, 1997, Kohlhammer Verlag, Stuttgart, S. 159). Die „liturgischen“ Texte sind in Qumran relativ häufig vertreten.

Althebräisch geschriebene Texte gehören überwiegend zu den älteren Handschriften in Qumran. Sie stammen fast alle aus den 5 Mosebüchern (Lit.: Johann Maier: Studien zur jüdischen Bibel und ihre Geschichte, Walter de Gruyter, Berlin – New York, 2004, S. 112).

Das jüdische Gemeinwesen, die Hierokratie, also die Herrschaft des Hohenpriesters, und auch der jüdische Tempel mit dem Opferkult waren in den Jahren 70 bis 73 nach Chr. nach der Erstürmung von Jerusalem durch die Römer unter Titus endgültig untergegangen.

Danach musste die Schrift – als einzige noch existierende Grundlage der jüdischen Religion und des jüdischen Volkes – gerettet werden.

Das Judentum musste sich reorganisieren.

In der Zeit vom  7.  – 11. Jahrhundert haben sog. Masoreten den Text standardisiert. Masoreten („Überlieferer“) sind jüdische Gelehrte, die den Text nicht nur kopierten, sondern auch die Redaktion und Standardisierung der Textvorlage vornahmen.

Die alten Schriften aus der Zeit des 2. Tempels waren nur mit Konsonanten überliefert. Da die hebräische Sprache nicht mehr Umgangssprache war, wusste man nicht mehr genau, wie der Text ausgesprochen werden sollte. Daher mussten Vokal- und Lesezeichen eingefügt werden. Die Masoreten kümmerten sich auch um Textvarianten und vermutete Fehler.

Die Schulen der Masoreten befanden sich in Babylonien und in Palästina. In Palästina erstand das Schriftgelehrtenzentrum in Tiberias.

Besonders bekannt waren aus Tiberias die Familien Ben Ascher und Ben Naftali. Das System der Familie Ben Ascher hat sich im 11. Jahrhundert in Europa durchgesetzt.

Die Abschrift eines Exemplars von Aaron ben Mosche ben Ascher aus dem Jahr 1008 nach Chr. befindet sich in Petersburg.

Christen haben die Bücher des hebräischen Tanach übernommen und ergänzten sie mit Büchern der Septuaginta, je nach Konfession leicht unterschiedlich. Daraus entstand der Kanon des Alten Testaments.

Kanon als Begriff kommt aus dem Griechischen und bedeutet „Rohr“. Im alten Orient wurde ein Stab zum Messen benutzt. Im frühkirchlichen Gebrauch bezeichnet „Kanon“ eine Glaubensregel, die von der Tradition bezeugt wird. Athanasius unterschied zwischen kanonischen Schriften, die überliefert und als von Gott stammend geglaubt werden und apokryphen Schriften, in denen Irrlehrer ihre Lehren mit den von Gott inspirierten vermischt haben (Lit.: Donath Hercsik: Die Grundlagen unseres Glaubens, 2005, LIT-Verlag Münster S.71 ff).

Erstaunlich bei Allem ist zum einen, wie gut die Textüberlieferung des Alten Testaments ist (vgl. Funde in Qumran und Massada), zum anderen, wie trotz verschiedener Verfasser zu verschieden Zeiten bei den Texten eine geistliche Einheit zu erkennen ist.

Alte Übersetzungen

Reichs- und Mittelaramäisch

Nach der Zerstörung Jerusalems und des dortigen Tempels durch Nebukadnezar II. im Jahre 586 v. Chr. und dem darauf folgenden babylonischen Exil kam die dortige Amtssprache Aramäisch unter den Juden in Umlauf, sodass das Hebräische fortan in Konkurrenz zum Aramäischen stand und viele Einflüsse von diesem aufnahm.

Im mehrsprachigen Perserreich wurde 550 – 330 v. Chr. aramäisch zu einer der offiziellen Reichssprachen („Reichsaramäisch“); es war von Kleinasien und Ägypten bis zum Indus verbreitet. Seine Bedeutung spiegelt sich auch in der jüdischen Bibel wider, wo einige spät entstandene Textpassagen in aramäischer Sprache verfasst sind. Seit etwa 500 v. Chr. wurden im Hebräischen die Schriftzeichen des Aramäischen übernommen („Quadratschrift“) und es werden innerhalb des Judentums heute beide Sprachen in derselben Schrift mit 22 Konsonantenzeichen geschrieben. Auch wird das Aramäische neben dem Hebräischen als Sprache der jüdischen Tradition empfunden. Zahlreiche Texte, die in Qumran gefunden wurden, sind in aramäischer Sprache verfasst.

Aus Tayma in Arabien sind aramäische Inschriften bekannt, die um 500 v. Chr. datieren. Auch im Gebiet der Nabatäer wurden zahlreiche aramäische Inschriften gefunden, ebenso auf dem Sinai und in Turkmenistan.

In Palästina verdrängte das Aramäische das Hebräische zunehmend. In der Zeit von Jesus wurde dort überwiegend Aramäisch gesprochen. Um die Zeitenwende war Aramäisch neben der griechischen Koine die allgemein gebrauchte Verkehrssprache des Nahen Ostens.

Klassisches Aramäisch (Bibeltexte)

Die jüdischen Bibelübersetzungen ins Aramäische für den Synagogalgebrauch (Targume) und der Jerusalemer Talmud gehören zum westaramäischen Sprachzweig. Daneben steht das Ostaramäische u. a. beim babylonischen Talmud. Ein wichtiger Vertreter des Zentralaramäischen ist das Syrische, das zum Beispiel in der Peschitta (christlich-aramäische Bibelübersetzung) und in Schriften der Kirchenväter dokumentiert ist.

 Alt-Griechisch (die Septuaginta)

Als Palästina gegen 333 v. Chr. Teil des  griechischen Großreichs unter Alexander dem Großen geworden war und seine Nachfolger die Herrschaft übernommen hatten, sind viele Juden nach Ägypten ausgewandert. Besonders zog es sie in die kulturell hochstehende Stadt Alexandria. Dort bildete sich ein hellenistisches Judentum. Diese Juden benötigten eine griechische Bibel.

Nach der Aristeasbrief-Legende wurde die hebräische Bibel von 72 jüdischen Gelehrten  ins Alt-Griechische übersetzt, eine historisch nicht nachweisbare Behauptung. Die Zahl 72 wurde auf 70 gerundet. Daraus entstand der Name Septuaginta, die lateinische Übersetzung von 70 (die lateinische Zahl dafür: LXX).

Die Übersetzung des damaligen Kanons ist so gegen 250 vor Chr. entstanden.

In Qumran und Massada wurden einige Fragmente aus dem 1. Jahrhundert vor Christus gefunden. Beispiele: 4QLXXLeviticusa, 4QLXXNumbers.

Eine gute Fundstelle für Schriften aus Qumran, Massada, u. a. Orten am Toten Meer ist die Leon Levy Dead Sea Scolls Digital Library.

Ursprünglich war die Septuaginta eine Übersetzung der Tora, der fünf Bücher Mose, in die altgriechische Sprache für den Synagogalgebrauch (Targum). Später wurde der Begriff vor allem von Christen auf griechische Versionen des Alten Testaments ausgeweitet. In dieser späteren christlichen Form enthielt die Septuaginta sowohl alle griechisch übersetzten Bücher der Hebräischen Bibel als auch weitere Bücher, teils in griechischer Übersetzung, teils als griechische Originaltexte.

Griechische Schriftstellen, sprich die Septuaginta, kann man auf folgender Internetseite finden: http://www.bibleserver.com/.

Alte Handschriften

Handschriften des Alten Testaments

Der älteste Bibeltext war bis 1947 der Aleppo-Codex, der ca. 920 nach Chr. von jüdischen Schriftgelehrten, den sog. Masoreten, in Hebräisch geschrieben wurde. Er befand sich in der Zentralsynagoge in Aleppo, die 1947 in Brand gesteckt wurde. Große Teile dieser Schrift konnten gerettet werden und sind jetzt in Jerusalem im Israel-Museum. Eine vollständige Handschrift aus dem Jahr 1008/09 nach Chr. ist der Codex Leningradensis (Handschrift B19A)  in St. Petersburg (Russland). Es handelt sich um einen hebräischen Text, auch von  Masoreten geschrieben. Er wurde u. a. von Martin Luther zur Bibelübersetzung benutzt.

Bis 1947 gab es in Palästina nur wenig Schriftfunde aus dem Altertum. Gegen Ende 1946 warf ein arabischer Vieh-Hirt aus Neugier Steine in eine Höhle in Qumran am Toten Meer. Man konnte hören, dass etwas zerbrochen war. Ein anderer Hirt namens Dhib stieg später in die Höhle und fand einen Tonkrug (60 cm hoch) mit drei Schriftrollen. Im März 1947 hat er sie einem Antiquitätenhändler angeboten. Der Händler war ein syrisch -orthodoxer Christ. Er vermittelte ein Treffen mit dem syrisch-orthodoxen Metropoliten Mar Samuel. Der kaufte die Rollen. Der Metropolit nahm Kontakt auf zu Professor Eliezer Sukenik von der Hebräischen Universität in Jerusalem.

Qumranhöhlen © Erhard Bisanz

Sukenik war der erste, der das Alter der Dokumente erkannte. Sukenik kaufte deshalb weitere vier Rollen aus derselben Höhle am 29. November 1947, an dem Tag, an dem die Vereinten Nationen eine Resolution verabschiedeten, die zur Gründung des Staates Israel führte.

In der Abbildung sehen wir an der Felsnase des linken Steilfelsens in Qumran die Höhle 4.

Tonkrüge in Qumran© Erhard Bisanz

Im Februar 1948 nahm der Metropolit Kontakt auf zur American School of Oriental Research in Jerusalem. Dort wurde das Fotografieren der Dokumente veranlasst. Dank der Fotografien sind diese Texte erhalten geblieben. Danach wurden die Dokumente an die Johns Hopkins Universität in Baltimore weitergereicht. Im April 1948 war klar, dass man das früheste bekannte Manuskript des Buches Jesaja gefunden hat. Die Altersbestimmung folgt aus Ergebnissen der C-14-Analyse des Ledermaterials und aus der Schriftform. Das war eine Sensation (Meldung in der Londoner Times am 12. April).  Der Metropolit brachte seine Rollen über den Libanon in die USA, um sie zu verkaufen. Wegen der ungeklärten Eigentumsverhältnisse hatte er lange Zeit keinen Erfolg. Im August 1954 gab er eine Anzeige im Wall Street Journal auf. Der Sohn von Prof. Sukenik nahm sie zur Kenntnis. Er veranlasste über einen Mittelsmann den Kauf für 250 000 Dollar und überreichte die Rollen dem Staat Israel. Für diese Rollen und die anderen Rollen von Sukenik wurde in Jerusalem ein eigenes Gebäude namens „Schrein des Buches“ errichtet.

(Lit. : James C. VanderKam: Einführung in die Qumranforschung. Geschichte und Bedeutung der Schriften vom Toten Meer. Vandenhoek und Ruprecht, Göttingen, 1998, S.36 ff).

Das führte im Anschluss zu intensiven Nachforschungen mit vielen weiteren Schriftfunden in verschiedenen Höhlen. 202 der über 870 Rollen sind Abschriften alttestamentlicher Bücher, die ältesten aus dem 3. Jahrhundert v. Chr.

(Lit.: J. Maier: Studien zur jüdischen Geschichte, Walter de Gruyter, Berlin, 2004, S. 111ff; Lexikon zur Bibel, 8. Auflage 2010, SCM Brockhaus, vgl. aber auch den Artikel „Tanach“ bei wikipedia;  Welt und Umwelt der Bibel, Hrsg. Katholisches Bibelwerk, Heft 9, 3. Quartal 1998, Stuttgart, S. 40.- Eine gute Fundstelle für Schriften aus Qumran, Massada u. a. Orte am Toten Meer ist die Seite „deadseascrolls“ mit der Unterseite explore-the-archive.)

Am Toten Meer werden immer noch Schriftrollenfragmente und anderes mehr entdeckt, jetzt  im Wüstenreservat Nahal Hever. Dass die Arbeit dort  also noch weitergeht, zeigt ein Bericht des Israelnetzwerks vom 16.03.2021 .

Wie Alexander Schick ausführt, sollen durch die Zusammenarbeit zwischen dem Internetkonzern Google und dem Israel-Museum alle Schriftfunde von Qumran digitalisiert und der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden.

Als erstes Ergebnis befindet sich seit September 2011 unter anderem die große Jesaja-Rolle im Internet, ebenso die englische Übersetzung in Gegenüberstellung zum Masoreten-Text des Jesajabuchs. Die genaue Übersetzung der Rolle kann davon leicht abweichen.

Ein Vergleich mit dem Masoreten-Text, dem Aleppo-Codex, ist auch auf Hebräisch möglich. Die Fassung des Rollen-Textes stimmt in der Regel mit der masoretischen oder traditionellen Version in mittelalterlichen Handschriften wie dem Aleppo Codex überein, aber sie enthält auch unterschiedliche Lesarten, alternative Schreibweisen, Schreibfehler und Korrekturen. Erstmalig zeigt der Rollentext auch auf, wie Hebräisch in der Zeit des Zweiten Tempels ausgesprochen wurde.

Bei allen Unterschieden ist es jedoch erstaunlich, wie gering inhaltliche Abweichungen zwischen der großen Jesaja-Schriftrolle und dem Masoreten-Text sind.

Im Israel-Museum in Jerusalem ist eine Kopie der Schriftrolle zu besichtigen, manchmal werden sogar Teile des Originals gezeigt. Das Original wird speziell aufbewahrt.

In Jesaja 53 wird weit vor der Geburt von Christus der Gottesknecht angekündigt, der stellvertretend für die Schuld aller Menschen bestraft wird, um Versöhnung mit Gott zu schaffen. Aus den Texten des Neuen Testaments ergibt sich, dass mit dem Gottesknecht Jesus Christus gemeint ist. Jesus könnte schon in Nazareth aus dieser Schriftrolle vorgelesen haben (Lukas 4, 16 ff).