Als Jesus Christus in Israel lebte, gab es nur die Schriften des heutigen Alten Testaments. Er hat aus ihnen viel zitiert.
Diese jüdische Bibel entstand in der Zeit, als sich der israelische Staat bildete.
Ursprüngliche Bestandteile sind mündlich überlieferte Erzählungen, die von Priestern oder Propheten theologisch konzipiert und interpretiert worden sind.
Zu den ältesten schriftlichen Urkunden der Bibel gehören die 10 Gebote, die von Mose dem israelischen Volk übergeben wurden. Es handelt sich um zwei Steintafeln, die in einer hölzernen sog. Bundeslade transportiert wurden (5. Mose 10, 1 – 5). Salomo ließ sie in den neugebauten Tempel überführen (1. Könige 1 – 8). Mit der Zerstörung des Tempels durch die Babylonier 586 v. Chr. sind auch die Tafeln vernichtet worden.
Der Gott Jahwe wurde bereits 850 v. Chr. in archäologischen Funden erwähnt (vgl.: Mes[ch]a-Stele ). Das älteste Bibelzitat ist aus der Zeit 700 – 600 vor Chr. erhalten (siehe: Silber-Amulette)
Schon lange vor Christus gab es unter den Israeliten Bücher der Bibel, die allgemein anerkannt waren.
Die Schriften des Gesetzes von Mose wurden 622 v. Chr. vom Hohenpriester Hilkija im Tempel gefunden und dem König Josia überreicht (2. Könige 22, 8 – 20).
Vom Propheten Jeremia ist ein Amtssiegel des Schreibers Baruch von ca. 600 vor Chr. erhalten (siehe: Amtssiegel).
Der Jude Nehemia wurde vom Perserkönig Artaxerxes I (464 – 424 v. Chr.) als Statthalter in Judäa eingesetzt. Er ließ den Priester Esra das Gesetz von Mose vor dem versammelten Volk vorlesen (Nehemia 8, 1 – 12).
Nach Josephus wurden 22 Bücher in der Zeit des persischen Königs Artaxerxes als kanonisch angesehen, von Mose bis zum Propheten Maleachi (Lit. Flavius Josephus: Über die Ursprünglichkeit des Judentums (Contra Apionem), Hrsg. Folker Siegert, 2008, Göttingen, S. 104). Josephus meint: Die nach dieser Zeit entstandenen Bücher wurden nicht mehr anerkannt, weil es keine lückenlos aufeinanderfolgenden Propheten mehr gab. Das letzte Buch des Alten Testaments ist demnach der Prophet Maleachi.
Der Übersetzer des hebräischen Buches Jesus Sirach (Enkel von Sirach) verfasste etwa 130 vor Chr. die griechische Übersetzung der Vorlage seines Großvaters. Im Vorwort setzt er die jüdische Bibel (das Alte Testament) voraus und spricht von einer Dreiteilung der biblischen Schriften:
- Gesetz (Thora)
- Propheten
- andere Bücher
Hebräische Fragmente des Buches Jesus Sirach wurden in Qumran und in Massada gefunden (geschrieben etwa 50 – 100 v. Chr.)
(Aus: The Hebrew Text of Sirach: A Text-Critical and Historical Study by Alexander A. di Lella, The Hague: Mouton & Co., 1966).
Hier eine Fundstelle für Schriften aus Qumran, Massada, u. a. Orte am Toten Meer.
Wie schon Jesus Sirach haben die Juden ihre biblischen Schriften in drei Kategorien eingeteilt: Thora („Weisung“), Nevim („Propheten“) und Ketuvim („Schriften“). Die hebräischen Anfangsbuchstaben dieser Teile ergeben mit eingefügten Vokalen das Wort Tanak (oder Tenak), ausgesprochen Tanach (oder Tenach).
Auch Jesus sprach vom Gesetz des Mose, den Propheten und den Psalmen (der Hauptteil der übrigen Schriften), zu finden in Lukas 24, Vers 44.
Wenn man aus den Textfunden in Qumran Schlüsse auf die Zustände in Israel in der Zeit von Mitte des 3. Jahrhunderts bis 68 nach Chr. ziehen will, ergibt sich folgende Situation: Es gab verschiedene leicht unterschiedliche Glaubensrichtungen nebeneinander.
Es gab Abschreiber, die in Textvorlagen Änderungen einfügten, z. B. vereinfachte Lesarten, oder eine eigene Orthographie. Diese Texte werden manchmal als „Vulgärtexte“ bezeichnet.
Daneben gab es Abschreiber, die den Text sorgfältig übernahmen. Das waren vermutlich Texte, die bei öffentlichen Anlässen in der Liturgie Verwendung fanden. Diese werden entsprechend manchmal als „Nicht-Vulgärtexte“ bezeichnet (Lit: Emanuel Tov: Der Text der hebräischen Bibel, 1997, Kohlhammer Verlag, Stuttgart, S. 159). Die „liturgischen“ Texte sind in Qumran relativ häufig vertreten.
Althebräisch geschriebene Texte gehören überwiegend zu den älteren Handschriften in Qumran. Sie stammen fast alle aus den 5 Mosebüchern (Lit.: Johann Maier: Studien zur jüdischen Bibel und ihre Geschichte, Walter de Gruyter, Berlin – New York, 2004, S. 112).
Das jüdische Gemeinwesen, die Hierokratie, also die Herrschaft des Hohenpriesters, und auch der jüdische Tempel mit dem Opferkult waren in den Jahren 70 bis 73 nach Chr. nach der Erstürmung von Jerusalem durch die Römer unter Titus endgültig untergegangen.
Danach musste die Schrift – als einzige noch existierende Grundlage der jüdischen Religion und des jüdischen Volkes – gerettet werden.
Das Judentum musste sich reorganisieren.
In der Zeit vom 7. – 11. Jahrhundert haben sog. Masoreten den Text standardisiert. Masoreten („Überlieferer“) sind jüdische Gelehrte, die den Text nicht nur kopierten, sondern auch die Redaktion und Standardisierung der Textvorlage vornahmen.
Die alten Schriften aus der Zeit des 2. Tempels waren nur mit Konsonanten überliefert. Da die hebräische Sprache nicht mehr Umgangssprache war, wusste man nicht mehr genau, wie der Text ausgesprochen werden sollte. Daher mussten Vokal- und Lesezeichen eingefügt werden. Die Masoreten kümmerten sich auch um Textvarianten und vermutete Fehler.
Die Schulen der Masoreten befanden sich in Babylonien und in Palästina. In Palästina erstand das Schriftgelehrtenzentrum in Tiberias.
Besonders bekannt waren aus Tiberias die Familien Ben Ascher und Ben Naftali. Das System der Familie Ben Ascher hat sich im 11. Jahrhundert in Europa durchgesetzt.
Die Abschrift eines Exemplars von Aaron ben Mosche ben Ascher aus dem Jahr 1008 nach Chr. befindet sich in Petersburg.
Christen haben die Bücher des hebräischen Tanach übernommen und ergänzten sie mit Büchern der Septuaginta, je nach Konfession leicht unterschiedlich. Daraus entstand der Kanon des Alten Testaments.
Kanon als Begriff kommt aus dem Griechischen und bedeutet „Rohr“. Im alten Orient wurde ein Stab zum Messen benutzt. Im frühkirchlichen Gebrauch bezeichnet „Kanon“ eine Glaubensregel, die von der Tradition bezeugt wird. Athanasius unterschied zwischen kanonischen Schriften, die überliefert und als von Gott stammend geglaubt werden und apokryphen Schriften, in denen Irrlehrer ihre Lehren mit den von Gott inspirierten vermischt haben (Lit.: Donath Hercsik: Die Grundlagen unseres Glaubens, 2005, LIT-Verlag Münster S.71 ff).
Erstaunlich bei Allem ist zum einen, wie gut die Textüberlieferung des Alten Testaments ist (vgl. Funde in Qumran und Massada), zum anderen, wie trotz verschiedener Verfasser zu verschieden Zeiten bei den Texten eine geistliche Einheit zu erkennen ist.