Einer der bedeutendsten Funde der Archäologie Ägyptens für die Geschichte Israels ist die Entdeckung und über Jahrzehnte andauernde Ausgrabung der von Semiten bewohnten Stadt Auaris, die in späteren Zeiten Pi-Rameses genannt wird.
Ein bedeutender Ägyptologe hält diese Entdeckungen für eine Bestätigung der biblischen Berichte zu der Josefsgeschichte, dem anfänglichen Wohlstand und zur Sklaverei in Ägypten, sowie zum plötzlichen Ende der Siedlung durch Massensterben wie in der Exodusgeschichte beschrieben.
Ausschlaggebend sind die wissenschaftlichen Erkenntnisse über gravierende Fehler in der bisher angenommenen „Alten Chronologie“ Ägyptens und verblüffende Einsichten im Zusammenhang der „neuen Chronologie“ David Rohls.
Die hier zu Auaris zusammengetragenen Informationen basieren in erster Linie auf der langjährigen und minutiösen Arbeit von David Rohl: Rohl, David: Pharaonen und Propheten. Das Alte Testament auf dem Prüfstand. München 1996. Engl.
Auaris ist der lateinische Name der alten ägyptischen Stadt Haware/Hutwaret im östlichen Nildelta, wo sich heute das Dorf Tell ed-Daba befindet.
Ausgrabungen österreicherischer Archäologen im Ostdelta des Nils unter der Leitung von Manfred Bietak konnten seit den sechziger Jahren nachweisen dass sich im Süden des heutigen Gebietes Scharkijja (biblisch-hebräisch: Goschen; biblisch-griechisch: Kessan) einst die Stadt Auaris befand.
Die Analysen Josef Dorners zeigten über die Topographie von Auaris dass die Stadt ursprünglich auf einer Reihe sandiger Hügel gebaut worden war. Östlich davon befand sich Sumpfland, westlich und Nördlich der Nil.
Die Häuser der Stadt waren aus Schlammziegeln gebaut, an die sich Grabstätten für die Bewohner anschlossen, die dort von 1662 – 1583 v. Chr. lebten. Grabbeigaben konnten als asiatisch identifiziert werden, was auf eine ursprünglich aus Palästina und Syrien stammende Bevölkerung schließen lies, die sich allerdings stark an die ägyptische Kultur assimiliert hätte. Diese Bevölkerungsgruppe wird von Rohl mit der biblischen Migration um Josef, dessen Brüder und deren Vater Jakob gleichgesetzt. Er weist darauf hin, dass auch die Gestalt des biblischen Joseph in die ägyptische Kultur integriert gewesen sei.
Der Umstand, dass in dieser frühen Phase mehr Frauen als Männer beerdigt wurden, läßt sich entweder mit einem überdurchschnittlich hohen Anteil der weiblichen Bevölkerung erklären oder mit einem geplanten Töten des Nachwuchses, wie es biblisch belegt ist (Ex 1,8). Auch wurden ungewöhnlich viele Kindergräber gefunden: Statistisch wären unter den Toten 20 – 30 % Kinder zu erwarten, in Auaris waren aber 65 % der Toten Kinder. Auch dies sieht Rohl als Beleg für die biblische Interpretation.
Auch wurden rituell zerlegte Teile von levantischen Langhaarschafen in den Gräber gefunden, was den Rückschluss auf eine Hirtenkultur nahelegt (der Widder war den Ägyptern heilig) und der biblischen ebenfalls entsprechen würde.
Neben Ritualmessern fanden sich auch Dolche und Speere als Grabbeigaben, woraus man schließen kann, dass die Einwohner auch Krieger waren. Obwohl biblisch davon nichts berichtet wird, werden in den rabbinischen Schriften Verteidigungskämpfe der Israeliten gegen Edomiter und Ismaeliter an der Ostgrenze Ägyptens beschrieben.
Die Reste einer bei Ausgrabungen gefundenen Villa im syrischen Stil ordnet Rohl dem Patriarchen Jakob zu, da auch bei ihr vorderasiatische Grabbeigaben gefunden wurden.
Einen darüber gebauten Palast deutet er als Erweiterung von Jakobs Sohn Joseph.
Nach einer Besiedlungspause – die ursprünglichen semitischen bzw. asiatischen Bewohner hatten den Ort aufgegeben – sei eine neue Gruppe aus dem Raum Palästinas/der südlichen Levante emigriert. Deren Gräber seien rein kanaanäisch gewesen, ohne ägyptischen Einfluss. Diese Gruppe identifiziert Rohl mit den Hyksos-Invasoren.
Auch den Namen von Auaris bringt Rohl mit Joseph in Verbindung. Der Name Auaris/Avaris ist abgeleitet vom ägyptischen Ha(t)-ware(t)/Hawara, was „Haus des Verwaltungsbezirks“ bedeutet. Rohl behauptet, Joseph habe eine neue Verwaltungsstruktur geschaffen, wobei Ägypten in drei Bezirke aufgeteilt wurde. Die nördliche Behörde sei dabei in Hawara/Auaris ansäßig gewesen.
Ebenfalls zur biblischen Überlieferung passend sieht Rohls die ungewöhnliche Tatsache, dass in den Resten des zum Palast gehörigen pyramidförmigen Hauptgrab keine menschlichen Knochen oder Grabbeigaben gefunden wurden, was laut Rohl eine Bestätigung des biblischen Berichts wäre, dass man Josephs Gebeine während des Exodus aus Ägypten nach Kanaan mitgenommen hatte.
Eine im Grab gefundene, zerstörte Kultstatue, zeigt Züge eines Mannes aus der Levante: Die Haare sind rot, die Gesichtsfarbe ockern, ein charakteristischer Bart fehlt aber. Als Insignum hält die Statue ein sog. „Wurfholz“ in der linken Hand, das ägyptische Zeichen für einen Ausländer.
Laut Rohl kann hier gesagt werden, dass ein Mann semitischer Herkunft unter Ägyptern eine außergewöhnliche Würde erlangte. Dies passt für ihn nach seiner „neuen Chronologie“ auf den biblischen Joseph.